Der Aufsichtsrat
Managervergütung in der Krise?

Managervergütung in der Krise?

Prof. Dr. Roderich C. Thümmel

Prof. Dr. Roderich C. Thümmel,
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Die Vergütung von Managern, insbesondere Vorständen großer Aktiengesellschaften, ist seit Jahren ein Reizthema. Jedenfalls seit Anfang der 2000er Jahre und später verstärkt durch die Finanzkrise gehen immer wieder Empörungswellen durchs Land. Dies gilt insbesondere dann, wenn Einzelfälle – wie auch jüngst wieder bei VW – ans Licht kommen, die als besonders unangemessen empfunden werden. Insgesamt ist viel Emotion im Spiel, auch der Neidfaktor spielt sicherlich eine Rolle. Der Gesetzgeber und die Kodex-Kommission haben im Wesentlichen mit höheren Transparenzanforderungen reagiert. Auch werden die Aufsichtsräte, in deren Hand die Festlegung der Vertragskonditionen für die Vorstände liegt, durch Appelle, aber auch durch die Drohung mit Haftungskonsequenzen (§ 116 Satz 3 AktG) in die Pflicht genommen.

Natürlich ist die Bezahlung von Managern – wie der Wert von Arbeit generell – ein Gerechtigkeitsthema. Wertschätzung und damit Wertigkeit finden in unserer Wirtschaftsordnung in großem Umfang ihren Widerhall in der Höhe des Gehalts, der Stunden- oder Tagessätze. Allerdings wird Gerechtigkeit in der Regel durch den Markt hergestellt. Bei knappem Angebot steigen die Preise und je singulärer bestimmte Fähigkeiten sind, auf die die Marktteilnehmer Wert legen, umso höher fällt die Vergütung aus. Dies ist eine Trivialität der Marktwirtschaft, an die wir gewöhnt sind und die in der Regel auch angemessene Ergebnisse liefert.

Insgesamt ist es daher notwendig, auch bei der Managervergütung die Emotion aus dem Spiel zu nehmen und die Dinge rational zu betrachten. Richtig ist, dass die Bezüge von DAX-Vorständen in den vergangenen 15 Jahren sehr deutlich gestiegen sind, auch überproportional im Vergleich zum durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen. Richtig ist auch, dass es bemerkenswerte Ausreißer nach oben gibt, die aufhorchen lassen. Zur Wahrheit gehört aber ebenso, dass das Verhältnis von Managergehältern zu durchschnittlichen Arbeitseinkommen in anderen Ländern, insbesondere in den USA, deutlich höher liegt.

Gibt es also Handlungsbedarf? Dies hängt davon ab, was man damit meint. Der Gesetzgeber ist nach meiner Auffassung jedenfalls nicht gefordert. Die in diesem Zusammenhang vor allem aus dem linkeren politischen Spektrum stammenden Vorschläge gehen von einer Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Vorstandsbezüge über die (vollständige) Verlagerung der Vergütungsentscheidung in die Hauptversammlung bis hin zu einer Fixierung des Verhältnisses von Managervergütung und Facharbeiterlohn (oder zumindest einer diesbezüglichen Selbstverpflichtung). Zum Teil scheitern diese Vorschläge an verfassungsrechtlichen Bedenken, zum Teil wären sie kaum geeignet, den gewünschten Erfolg herbeizuführen. Auch würde eine Verlagerung des Themas in die Hauptversammlung wegen der dort tonangebenden institutionellen Investoren die Vergütungsdynamik mit großer Wahrscheinlichkeit nicht stoppen können. Vor allem aber bricht sich in diesen Vorschlägen marktfeindlicher Dirigismus Bahn.

Viel wichtiger scheint mir, dass die Aufsichtsräte ihrer Verantwortung gerecht werden. Mittelständische, auch große Familienunternehmen haben vorgemacht, wie dies geht. Beschwerden über eine unangemessene Bezahlung von Unternehmensleitern sind dort nicht bekannt geworden. Bei der Vergütung von Vorständen geht es um Angemessenheit, um Vermittelbarkeit, ja um Maß und Mitte. Die Mehrheit der Aufsichtsräte sieht dies auch so und handelt entsprechend. Bei einem Teil mag noch Nachholbedarf im Sinne einer moralisch einwandfreien Behandlung des Themas bestehen. Der immer wieder nach vorn geschobene Gedanke, dass Managerdienstleistungen ein internationaler Markt seien, auf dem eben auch international übliche Preise bezahlt werden müssten, ist dabei kaum weiterführend, wenn man sich die Wirklichkeit anschaut. Hiesige Aufsichtsräte müssen sich nicht danach richten, was in den USA bezahlt wird, sondern danach, was der – anspruchsvollen – Aufgabe des Unternehmensleiters angemessen ist und in einer sozialen Marktwirtschaft vermittelt werden kann. Dabei helfen Offenheit und Transparenz, auch im Hinblick auf die Grundlagen der getroffenen Abwägung. Die Erläuterung gegenüber der Hauptversammlung und die Möglichkeit der Einholung ihres Votums sind dabei ebenso wichtig wie eine ausreichende Detaillierung des Vergütungsberichts. Darüber hinaus gilt: Den Ball flacher halten.